Weinmacher mit Hand und Fuß
Weingut Scherbaum
Große Lettern auf blauem Untergrund werben an der Landstraße zwischen Hochheim und Kostheim für die Gutsschänke der Familie Scherbaum. Verlässt man hier die Straße und quert eine Gartenkolonie, gelangt man in mitten von Spargelfeldern gelegen an das Weingut Scherbaum. Schon die Anzahl der Fahrradparkplätze verrät die Größe des von der Winzer-Familie neben dem Weingut betriebenen Ausschankbetriebes, der sich ganzjährig großer Beliebtheit nicht nur unter den Einheimischen erfreut.
Eine erste Überraschung bietet der Blick auf das ganzjährige Angebot aus der Küche: Reichlich Fisch, ob gedünstet oder gegrillt, und „Grünkohl mit Pinkel“ muss jeden Rheingau erprobten Winzerwirtschafts-Gänger erstaunen. Die dazu passende Weinkarte zählt immerhin ein gutes Dutzend Weine aus besten Kostheimer wie Hochheimer Lagen, deren Genuss schnell ein zweites Mal überrascht. Gerade die Rieslinge nämlich zeigen Charakter und machen neugierig.

Winzerfamilie Scherbaum in ihrem idyllischen Garten am Kostheimer Weingut
Weine aus namhaften Lagen
Das Weingut ist im herkömmlichen Sinne noch nicht wirklich alt, obschon heute in dritter und vierter Generation betrieben. Es ist in den Wirrnissen des Zweiten Weltkrieges als gemischter Landwirtschaftsbetrieb entstanden. Ausschließlich Wein bauen die Scherbaums erst seit 1990 an. Mit der Übernahme eines Hochheimer Betriebs konnte Theo Scherbaum damals die Anbaufläche auf rund sechs Hektar ausbauen und damit den Grundstein für einen Vollerwerbsbetrieb legen.
In den Weinbergen der Scherbaums gedeihen zu 70 Prozent Rieslinge und zu 15 Prozent Spätburgunder. Den Rest teilen sich für den Rheingau eher untypische Trauben wie Müller-Thurgau, Chardonnay und Weißburgunder. Ein Gelber Muskateller wird 2019 das Sortiment erweitern. Im ersten Jahrzehnt als reiner Weinbaubetrieb produzierte Theo Scherbaum hauptsächlich Fasswein. Er erfüllte damit Bewirtschaftungsverträge namhafter Sekt- und Weingüter aus der Umgebung. Gerade einmal 4.000 Liter blieben im eigenen Betrieb, die auf die Flasche gefüllt wurden, um den Bedarf der damals noch kleinen Schankwirtschaft zu bedienen.
Die Wende kam mit Ehefrau Ricarda. Die Rheinländerin mit niederländischen Wurzeln brachte außergewöhnliche Ideen in das Speisenangebot des Gutausschanks. So verstand es sich von selbst, dass sich auch die begleitende Weinkarte den neuen kulinarischen Herausforderungen der Küche anzupassen hatte. Jetzt war der ganze Winzer gefordert. Scherbaum-Weine wuchsen und wachsen in namhaften Lagen wie dem Kostheimer St. Kiliansberg, Kostheimer Steig, der Hochheimer Hölle oder dem Kirchenstück.
Die besonderen Eigenschaften dieser Lagen sollten fortan im Blickpunkt des Weinmachers Theo Scherbaum stehen. Recht schnell hatten die Weine tatsächlich so auch einen besonderen Charakter des Kostheimer Betriebs zum Ausdruck gebracht.
Seit 2011 findet Seniorwinzer Theo kreative und tatkräftige Unterstützung durch Sohn Mathias. Nach erfolgreichem Abschluss der Winzerlehre im Hochheimer VDP-Weingut Künstler bringt der staatlich geprüfte Techniker für Weinbau und Oenologie immer häufiger eigene neue Weinkreationen in die Scherbaum-Kollektion ein. Auch wenn diese nicht alle sofort den Zuspruch des Seniors fanden, wurde gemeinsam an den neuen Ideen gearbeitet, und das altbewährte mit dem modernen verbunden. Der Erfolg bei den Kunden überzeugt.

HOCHHEIMER
KIRCHENSTÜCK
2015 Riesling
Spätlese halbtrocken
Weingut Scherbaum
7,90 €
0,75l · (10,53 €/1l)
inkl. MwSt.
zzgl. Versand
enthält Sulfite
Wein-Philosophie
Jüngst wurde der Betrieb im für den Ökoweinbau schwierigen Jahr 2016 als Bio-Weingut zertifiziert. Das Zertifikat belohnte den arbeitsintensiven einschneidenden Veränderungsprozess in der Kellerwirtschaft des Familienweinguts, der mit dem Einstieg des Jungwinzers Mathias sein Ursprung hat. Nach der Devise „so wenig wie möglich, soviel wie nötig“ ist die mechanische Beanspruchung des Leseguts weitgehend reduziert worden. Auf Pumpen und Filtrieren wird verzichtet, wann immer das möglich ist. Eine kontrollierte Gärung ist selbstverständlich. Und ein langes Hefelager gibt dem reifenden Wein dann zusätzlich die notwendige Ruhe.
Im Weinberg setzen die Familienwinzer wie selbstverständlich auf Qualität statt auf Quantität. Vor der Lese wird sorgfältig vorselektioniert, um nur gesundes Lesegut in den Keller einfahren zu können.
Das für die WEIN-KISTE ausgewählte 2015 Hochheimer Kirchenstück ist auf Lößlehmboden mit kiesigen Mergeln an über 40 Jahre alten Reben gewachsen. Bei der Lese zeigten die Trauben mit deutlich über 95 Grad Oechsle bereits Auslesequalität. Nach herkömmlichem Ausbau im Stahltank lag der Wein über sechs Monate auf der Feinhefe und reifte im großen Holzfass. Das ausgesuchte Gewächs hat ein großes Volumen mit vollendeter Harmonie aus feinfruchtigen Säuren und unaufdringlichen Fruchtaromen. Ein Wein mit Hand und Fuß also, ganz wie es das Terroir dieser besonderen Hochheimer Lage auch erwarten lässt.
Kommentar schreiben